Ende der Gewalt | Machsomwatch
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Ende der Gewalt

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Sonntagsblatt

Die Israelin Roni Hammermann fordert das Ende des Kriegs zwischen Israel und den Palästinensern

 

Die Aachener Friedenspreisträgerin und Vorsitzende der israelischen Frauenorganisation MachsomWatch, Roni Hammermann, fordert das sofortige Ende des Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen. Es müsse Verhandlungen geben, das sei der einzige Weg zur Begleichung des Konflikts, schreibt Hammermann in einem Brief aus Tel Aviv an den Verein Aachener Friedenspreis.

 

Als alteingesessene Israelin habe sie schon einige Kriege erlebt, aber dieser sei der ungeheuerlichste, heißt es in dem Schreiben. Der Krieg werde gegen eine Bevölkerung geführt, die ohne Wasser, Strom und Treibstoff nicht einmal die Möglichkeit habe, sich miteinander zu verständigen.

Hammermann war im September 2008 für ihre Organisation MachsomWatch mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden. Der Name der Friedensgruppe ist zugleich Programm. Er ist eine Kombination aus dem hebräischen Wort »machsom« für Grenzbarriere und dem englischen Wort »watch« für Beobachtung. Die rund 400 israelischen Frauen dieser im Januar 2001 gegründeten Friedensgruppe haben sich zur Aufgabe gemacht, die israelischen Checkpoints an der »grünen Grenze« und im Palästinensergebiet zu beobachten. Sie können so Übergriffen israelischer Soldaten gewaltfrei entgegenwirken und sie üben inzwischen großen Druck auf die israelische Regierung aus, indem sie die menschenunwürdigen Zustände an den Checkpoints, den Kontrollposten, unnachsichtig in die Öffentlichkeit tragen. Die Frauen von Machsom Watch sind für das israelische Militär unbequeme Augenzeuginnen.

Unmissverständlich stellt sich Roni Hammermann gegen die Versuche, jegliche Kritik an der israelischen Regierung als Antisemitismus zu verunglimpfen. Aber auch sie fühlt sich genötigt, sofort zu erklären, dass sie gegen den Terror ist. Das sei sie zunächst einmal aus ganz egoistischen Gründen. Ein Terroranschlag in Jerusalem vor einigen Jahren fand in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung statt. Die Opfer saßen in einem Autobus, der sie normalerweise zur Universität bringt. Zugleich weist sie darauf hin, dass am Vortag des Selbstmordanschlags 15 Palästinenser getötet worden waren. Terror wächst nach ihrer Ansicht nur in einem bestimmten Klima. Roni Hammermann will diesen Kreislauf der Feindschaft und des Hasses durchbrechen.

MachsomWatch wurde von drei israelischen Frauen gegründet, und die heute rund 400 beteiligten Frauen kommen vorwiegend aus Tel Aviv und Jerusalem. Die Organisation besteht ausschließlich aus Frauen und das hat den Vorteil, dass die ehrenamtlichen Be­obachterinnen weder von den israelischen Soldaten noch von den Palästinensern als Bedrohung angesehen werden. Von den meist sehr jungen Soldaten würden sie allein schon von ihrem Alter eher als Mütter oder Großmütter wahrgenommen.

Persönliche Erlebnisse haben sie zur Aktivistin gemacht. Während der ersten Intifada in Nablus sah sie einen Jeep mit einem etwa achtjährigen Jungen, die Hände am Rücken gefesselt, auf dem Weg zum Militärgericht. »Das war für mich das erste einschneidende Erlebnis«, erzählt sie. »Mein Sohn war damals im selben Alter und sah ihm sehr ähnlich.« Als sie in der Zeitung las, dass palästinensische Frauen an den isarelischen Checkpoints gebären mussten, weil die Soldaten sie nicht durchließen, war sie erschüttert. Sie ging zu den Checkpoints und gründete mit drei anderen Frauen MachsomWatch. Das war 2001, in der Zwischenzeit ist ihre Organisation auf 400 Mitglieder angewachsen. »Wir haben uns das Recht errungen, an den Grenzposten zu stehen«, erzählt sie. »Wir gehen zwei Mal täglich dorthin. Wir beobachten, wir schreiben auf, wir mischen uns ein. Wenn es zu Gewalt kommt, stellen wir uns vor die Palästinenser. Nach jeder Schicht schreiben die Frauen einen Bericht, den sie auf unserer Website publizieren, es gibt auch einen Jahresreport. Sie wenden sich an die Armee, an die Knesset, an Menschenrechtsorganisationen und an die Medien.«

Fotos zeigen Aktivistinnen, die gefesselten und knienden Palästinensern Wasser geben. Menschen müssen stundenlang in der prallen Sonne ausharren oder im Regen, in Einpferchungen aus Beton. Schwerkranke werden nicht durchgelassen, Studenten kommen nicht an die Uni, Schüler verpassen Prüfungen, Geschäftsleute ihre Termine. Aber seit die Frauen da sind, müssen die Frauen nicht mehr auf der Erde entbinden. Die Checkpoints sind der augenscheinlichste Ausdruck der Besatzung. Sie sind Teil der Politik der Abriegelung, mit deren Hilfe man die Bevölkerung unter Kontrolle hält.

Hammermann beklagt, dass die Checkpoints Menschen für Verbrechen bestrafen, die andere begangen haben. Der ehemalige Geheimdienstchef Ami Ajalon nannte sie die »Brutstätten des Hasses«. Welchen Hass wohl die Militäroffensive gegen die Hamas wecken wird?